Neueste McKinsey Studie sagt Mikromobilität eine positive Zukunft bis 2030 voraus

Neueste McKinsey Studie sagt Mikromobilität eine positive Zukunft bis 2030 voraus

3. Dezember 2019 1 Von EScooterBlog

Die renommierte, weltweit agierende Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey & Company veröffentlichte im September 2019 eine neue, aktuelle Studie (bisher noch nicht veröffentlicht), in der sie sich mit der Zukunft der Mikromobilität beschäftigte. Dabei ging es vorrangig um die Frage, welches Marktpotential diese neue Mobilitätsform im Jahre 2030 haben dürfte. Dabei kam das Unternehmen zu dem optimistischen Ergebnis, dass die Mikromobilität ein enormes Markt- und Entwicklungspotential hat. Wir haben uns diese Studie vorgenommen und die wichtigsten Inhalte auf deutsch übersetzt.

Die Studie wurde generiert vom „McKinsey Centre for Future Mobility“ und trägt den Originaltitel: „McKinsey perspective on micromobility: How large will the market potential in 2030 really be?“ Mit dem Begriff “Mikromobiltät” meint die Studie übrigens Leihfahrzeuge, bei denen es sich um E Scooter, aber auch um E-Bikes und vergleichbare Fahrzeuge handeln kann. 

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Wo Mikromobilität wirkt

Die Studie basiert auf einem proprietärem Marktmodell und einer globalen Kundenumfrage 2019 von McKinsey – letztere beinhaltet mehrere tausend befragte Personen aus 7 Ländern. Insgesamt gibt es bei der McKinsey Studie zum Thema Mikromobilität einige interessante Ergebnisse, die wir euch an dieser Stelle kurz präsentieren möchten. Deshalb haben wir die, unserer Ansicht nach, wichtigsten Aspekte kurz zusammengefasst:

Prognose für das Jahr 2030: 10% bis 50% (bis 500 Milliarden km gesamt) aller zurückgelegten Strecken unter 8 km in Deutschland könnten theoretisch via Mikromobilität zurückgelegt werden

Die Verfasser der McKinsey Studie gehen davon aus, dass die Menschen in Deutschland im Jahre 2030 insgesamt rund 1080 Milliarden km zurücklegen werden – sei es in Privatautos als Fahrer (567 Milliarden km), in Privatautos als Passagier (210 Milliarden km), durch öffentliche Verkehrsmittel (231 Milliarden km), durch zu Fuß gehen (33 Milliarden km) und mittels privater Fahrräder (39 Milliarden km).

Man kommt dabei zu dem Ergebnis, dass sich ungefähr 500 Milliarden dieser 1080 Milliarden Kilometer theoretisch auch via Mikromobilität zurücklegen lassen würden – also annähernd die Hälfte. Genauer gesagt:

Es wird davon ausgegangen, dass rund 50% aller privaten Autofahrten (als Fahrer und Beifahrer) unter 8 km durch Mikromobilität ersetzt werden könnten.

20% aller Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln, die unter einer Strecke von 5 km liegen, sollen sich ebenfalls durch Mikromobilität ersetzen lassen.

Zu Fuß zurückgelegte Strecken und Fahrten mit dem privaten Fahrrad würden sich theoretisch sogar zu 100% durch geteilte Mikromobilität ersetzen lassen.

Hierbei handelt es sich aber wohlgemerkt nur um theoretische Annahmen. Realistischer wäre, dass rund 10% der im Jahre 2030 in Deutschland zurückgelegten Kilometer via Mikromobilität zurückgelegt werden – was immerhin noch rund 50 Milliarden km entsprechen würde.

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McKinsey Studie zur Mikromobilität
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Mc Kinsey Studie – Potential

Mikromobilität – Enormes Marktpotential

Bis zum Jahr 2030 sollen sich europaweit bis zu 100 Milliarden Dollar mit Mikromobilität umsetzen lassen. Weltweit sollen es sogar bis zu 400-500 Milliarden Dollar sein.

Fallbeispiel München

Nach einer realistischen Schätzung kann davon ausgegangen werden, dass Im Jahre 2030 in München etwa 8-10 % aller zurückgelegten Strecken via Mikromobilität zurückgelegt werden (hierbei handelt es sich um den sog. „Basisfall“, in dem die Bürger die Sharing-Mikromobilität als Mobilitätsform akzeptiert haben und die Mikromobilität zusätzlich durch die Stadt gefördert wurde).

In diesem Fall würden sich in München im Jahr 2030 folgende positiven Effekte zeigen:

  • Man würde 80.000 Tonnen CO2 Emissionen einsparen. Dies entspräche den CO2 Emissionen von rund 10.000-15.000 Menschen.
  • Jeder mobile Münchner würde jährlich rund 4 Stunden weniger im Stau stehen, was rund einem halben Arbeitstag entspräche.
  • In München könnten zusätzliche 130 Hektar Grünfläche freigegeben werden, was ungefähr der Fläche von 180 Fußballfeldern entspräche.

Hier ein paar weitere interessante Aussagen der McKinsey Studie:

  • 50 Prozent der derzeitigen Sharing-Mikromobilität ersetzt „nicht-Auto-basierte“ Mobilität.
  • 77% der Befragten gaben an, dass sie sich vorstellen könnten, sich einen E Scooter für den täglichen Weg zur Arbeit / zur Uni kaufen.

Ein beträchtlicher Anteil der derzeitigen Trips via Mikromobilität dient Freizeitaktivitäten:

22%: Reine Freizeitaktivität (z.B. Besuch von Freunden, Fitnessstudios etc.)

12%: Einkauf von Lebensmitteln

11%: Pendeln

11%: Wege zu oder von Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel

8%: Touristische Trips

5%: Fahrten im betrieblichen Kontext, also zwischen Firmen/Büros etc.

5%: Geschäftliche Treffen (z.B. mit Klienten)

In Deutschland geben die Menschen folgende Beweggründe für die Nutzung von Mikromobilität an:

61%: Wegfall der Parkplatzsuche (weltweit 33%)

49% Umweltfreundlichkeit (weltweit 38%)

43% Vermeidung von Staus/verstopften Straßen (weltweit 35%)

41%: Wettbewerbsfähiger Preis (weltweit 30%)

39%: Kürzere Wege zum Zielort (weltweit 31%)

31%: Verfügbarkeit / passendes Abdeckungsgebiet (weltweit 28%)

22%: Leichtes Buchen via App (weltweit 25%)

24%: Neugier (weltweit 18%)

13%: Lifestyle & Coolness (weltweit 22%)

Die größten Probleme in Sachen Mikromobilität sehen die Menschen in Deutschland bei folgenden Aspekten:

45%: Im Bedarfsfall nicht immer verfügbar (weltweit 30%)

43%: Kein Schutz bei schlechtem Wetter (weltweit 29%)

30%: Der Zielort befindet sich nicht im abgedeckten Gebiet (weltweit 27%)

32%: Zu teuer (weltweit 23%)

30%: Zu geringe Reichweite (weltweit 22%)

29%: Mangelnder Stauraum (weltweit 19%)

25%: Zu unsicher (weltweit 19%)

21%: Zu unbequem, man würde ein Taxi bevorzugen (weltweit 22%)

Um die Akzeptanz der Mikromobilität zu fördern und den entsprechenden Markt zu fördern, haben Städte und Sharing-Anbieter folgende Möglichkeiten:

Ansatzpunkte für Städte:

  • Kurze gemeinsame Autofahrten unattraktiv machen durch das Erheben von hohen „Startgebühren“. Autofahrten unter 3-5 km Länge könnten zum Beispiel komplett verboten werden.
  • Den Autoverkehr in bestimmten Straßen oder ganzen Stadtteilen komplett verbieten – entweder ganz oder während der Hauptverkehrszeiten.
  • Parkgebühren für Privatwagen in Stadtzentren signifikant erhöhen oder Parken in diesen Gebieten gleich komplett verbieten.
  • Einrichten von intermodularen Knotenpunkten, um den reibungslosen Übergang zwischen Mikromobilität und öffentlichen Verkehrsmitteln zu erleichtern und komfortabler zu machen.
  • Gewährung von Steuerfreibeträgen für Sharing-Mikromobilität, z.B. für den Pendelverkehr.
  • Bereitstellung von separaten Fahrbahnen für E Scooter und Fahrräder. Dies würde die Nutzung dieser Fahrzeuge deutlich sicherer und komfortabler machen.
  • Verbesserung der Ladegeräte-Infrastruktur für elektrisch betriebene Mikromobilität.

Ansatzpunkte für Mikromobilitäts-Sharing-Anbieter

  • Erhöhung der Fahrsicherheit durch Bereitstellen von Helmen und verbesserte Scheinwerfer an den Fahrzeugen.
  • Verbesserter Wetterschutz durch Anbringen von Features wie Windschutzscheiben.
  • Einführung von Mobility-Flatrates um das Bezahlen zu erleichtern.
  • Aufbau von Partnerschaften mit Ladengeschäften und Kaffeehäusern um Cross-Selling Aktivitäten zu ermöglichen.

Dies sind die, unserer Ansicht nach, relevantesten Aussagen der McKinsey Studie. Natürlich sind einige Punkte durchaus diskussionswürdig, vor allem was den letzten Absatz angeht („Ansatzpunkte für Mikromobilitäts-Sharing-Anbieter“). Hier kann man sich fragen, inwieweit einige der genannten Vorschläge in der Praxis eigentlich umgesetzt werden sollen. Wie soll man sich z.B. das Anbringen von Windschutzscheiben bei E Scootern praktisch vorstellen und was soll das bei strömendem Regen eigentlich bringen? Trotzdem sind wir der Ansicht, dass sich in der Studie einige interessante Denkanstöße befinden.

Spannend ist auf jeden Fall, dass der bedeutendste Trigger für die Nutzung von Mikromobilität in Deutschland der Wegfall der lästigen Parkplatzsuche zu sein scheint, dicht gefolgt vom Umweltnutzen.

Quellen: https://www.mckinsey.de/