BMW X2 City Test und umfassender Fahrbericht

BMW X2 City Test und umfassender Fahrbericht

1. März 2019 0 Von EScooterBlog

Auch BMW und Kettler haben die Zeichen der Zeit erkannt und mit dem BMW X2 City einen E Scooter auf den Markt gebracht, der in vielerlei Hinsicht interessant ist. Zuerst fällt auf, dass dieses Fahrzeug nicht ganz einfach zu kategorisieren ist – im Gegensatz zu klassischen Elektrorollern hat dieses Modell z.B. keinen Gasgriff zum Beschleunigen. Stattdessen hat der BMW X2 City hinten am Trittbrett ein Fußpedal, auf das man treten muss, damit der Motor unterstützt. Insgesamt gibt es 5 Geschwindigkeitsstufen, in die man durch Drücken des Pedals hochschalten kann. Bei heruntergedrücktem Pedal wird dann die jeweilige Geschwindigkeit gehalten. Dies ist natürlich ungewöhnlich und unterscheidet den X2 City grundsätzlich von den meisten anderen Elektrorollern – bezeichnend ist auch, dass das Fahrzeug von BMW selbst auf deren Webseite etwas schwammig als „elektrischer Pedelec Scooter“ bzw. „BMW Motorrad X2City“ bezeichnet wird. Eigentlich nicht ganz nachvollziehbar, da der X2 City ja mit keinem Sitz ausgestattet ist.

Bei dieser ungewöhnlichen Beschleunigungsweise war ein Praxistest für unser Team natürlich ganz besonders spannend.

Über den BMW X2 City haben wir übrigens bereits hier in einer Fotostrecke berichtet.

BMW X2 City Straßenzulassung

Der BMW X2 City hat übrigens eine Straßenzulassung und wurde der Fahrzeugart Kleinkraftrad / Leichtmofa bis 20 Km/h mit einer Sondergenehmigung bis zum Inkrafttreten der Elektrokleinstfahrzeuge Verordnung zugeordnet. Das bedeutet, dieser E Scooter ist versicherungspflichtig, weshalb ein kleines selbstklebendes Versicherungskennzeichen am Kennzeichenhalter angebracht werden muss.

Der BMW X2 City wird derzeit zu einem stolzen Preis von 2.399 Euro angeboten und gehört somit definitiv zur gehobenen Preisklasse. Bei einem so teuren E Scooter bestehen natürlich ganz besonders hohe Ansprüche in Sachen Qualität, Verarbeitung, Ausstattung und Fahrverhalten. Und gerade bei einem E Scooter von BMW / Kettler ist die Erwartungshaltung natürlich besonders hoch. Doch ist dieses Modell seinen hohen Preis wirklich wert und kann der Roller im Praxistest überzeugen? Wir machten den Test.

Aber bevor wir euch berichten, wie der BMW X2 City im Praxistest abgeschnitten hat, wollen wir euch noch kurz die wichtigsten technischen Parameter dieses E Scooters präsentieren.

BMW X2 City vor Pferdewiese
BMW X2 City vor Pferdewiese (Im Hintergrund: Wildgänse bei der Rast)

BMW X2 City – Technische Daten

  • Der BMW X2 City hat einen 250 W Getriebenabenmotor von Marquardt, die max. Geschwindigkeit liegt laut Herstellerangaben bei 20 Km/h. Insgesamt lassen sich fünf verschiedene Geschwindigkeitsstufen einstellen, und zwar 8, 12, 16, 18 oder 20 Km/h. Der Akku ist unter dem Trittbrett verbaut.
  • Beschleunigt wird per Trittbrettgas – es gibt keinen Gashebel am Lenker.
  • Die Energieversorgung kommt von einem entnehmbaren Lithium-Ionen Akku von Marquardt (36V / 11,3Ah / 408Wh). Laut Herstellerangaben soll die max. Reichweite bei 25-30 km liegen. Die Ladezeit soll gerade einmal 2,5 Stunden betragen. LEDs am Akku zeigen den aktuellen Ladestand an.
  • Rechts am Lenker befindet sich die Bedieneinheit mit einem integrierten, gut lesbaren Display. Angezeigt werden alle relevanten Daten wie Geschwindigkeit, Fahrmodus, Ladestand, Gesamt- und Tageskilometer. Das Display muss übrigens via PIN-Code freigeschaltet werden.
  • Hydraulische Magura Scheibenbremsen hinten und vorne (Magura MT2 / 140 mm).
  • Bereifung: VEE Rubber Luftreifen (16 x 2,6 Zoll).
  • Der Lenker ist faltbar.
  • Gewicht inkl. Akku: 20 kg, das zulässige Gesamtgewicht liegt bei 150 kg. Der Rahmen besteht aus Aluminium (geschweißter Aluminium 7005 Gitterrohrrahmen).
  • Größe (LxBxH): 150x29x103-115 cm
  • Größe gefaltet (LxBxH): 150x29x68 cm
  • Supernova LED Beleuchtung vorne und hinten.
  • Zur Ausstattung gehören noch einige durchaus nützliche Features, z.B. ein Seitenständer, eine Micro-USB-Ladebuchse, Bluetooth etc.
  • StVZO-Zulassung.
BMW X2 City Spielplatz 1024x683
Der BMX X2 City auf dem Spielplatz

BMW X2 City Test

Beschleunigen / Gas geben

An die etwas ungewöhnliche Beschleunigungsmethode muss man sich bei diesem Modell zunächst ein wenig gewöhnen – wir wollen hier kurz erläutern, wie es funktioniert:

Zuerst muss man über die Tasten der Bedieneinheit eine der 5 Unterstützungsstufen wählen – also 8, 12, 16, 18 oder 20 Km/h. Während man fährt, kann man dann durch einen Tritt auf das Pedal jederzeit eine Stufe höher schalten. Hier ein Beispiel:

Nehmen wir als Beispiel an, dass man über das Bedienteil die Geschwindigkeitsstufe 4 eingestellt hat (18 Km/h). Das eigentliche Anfahren erfolgt via Kickstart – praktisch, weil dadurch ungewollte Fehlstarts vermieden werden.

Durch einmaliges Betätigen des Fußpedals fährt der X2 zunächst ca. 6 Km/h schnell (Geschwindigkeitsstufe 1). Die Geschwindigkeit wird bei heruntergedrücktem Fußpedal gehalten. Durch erneutes Drücken wird auf Geschwindigkeitsstufe 2 beschleunigt (12 Km/h). Bei heruntergedrücktem Pedal wird abermals das Tempo gehalten. Sobald man das Fußpedal erneut betätigt, wird auf Geschwindigkeitsstufe 3 beschleunigt (16 Km/h). Bei heruntergedrücktem Pedal wird das Tempo wieder gehalten. Durch nochmaliges Drücken wird dann auf Geschwindigkeitsstufe 4 beschleunigt (ca. 18 Km/h). Wenn man das Fußpedal nochmal drückt, wird nicht weiter beschleunigt (es sei denn, man hätte am Bedienteil zuvor die Geschwindigkeitsstufe 5 eingestellt, dann würde auf die Maximalgeschwindigkeit von mind. 20 Km/h beschleunigt). Um die aktuelle Geschwindigkeit zu halten, muss das Fußpedal dauerhaft gedrückt bleiben.

BMW X2 City Test
BMW X2 City Test im Naturschutzgebiet

Im Prinzip hat der X2 City also eine Tempomat-Funktion, da durch das Drücken des Gaspedals die gewünschte Geschwindigkeit gehalten wird.

In knappen Worten zusammengefasst: Um die höchste Geschwindigkeitsstufe 5 zu erreichen, muss man 5 x das Fußpedal drücken. Es ist übrigens nicht möglich, zum Erreichen der Maximalgeschwindigkeit einfach 5 x in schneller Abfolge auf das Pedal zu drücken – es muss immer zuerst die jeweilige Geschwindigkeitsstufe erreicht werden, bevor man in die nächsthöhere schalten kann.

Durch Betätigen der Bremse wird die Motorunterstützung übrigens umgehend unterbrochen.

Diese Art der Beschleunigung ist natürlich ganz anders als bei gewöhnlichen Elektrorollern, wo per Gasgriff oder Daumengasgriff beschleunigt wird. Hier ist auf jeden Fall ein wenig Eingewöhnung notwendig.

Auffallend war, dass unser Tester (70 kg), trotz einer Herstellerangabe von max. 20 Km/h Höchstgeschwindigkeit, in Geschwindigkeitsstufe 5 locker 22 Km/h erreichen konnte.

Fahrverhalten

Das Fahrgefühl auf dem X2 City war auf jeden Fall sehr gut, was auch an dem langen Radstand und den großen Reifen liegt. Das Fahrzeug ließ sich schön lenken und lag gut in den Kurven. Auf unebenem, holprigem Untergrund machte sich allerdings die fehlende Federung bemerkbar, insbesondere bei maximal luftbefüllten Reifen. In diesem Fall profitiert man zwar von einem besseren Rollwiderstand, aber dafür werden die Vibrationen auch besonders stark auf den Fahrer übertragen. Mit leichten Steigungen wurde der X2 City allerdings locker fertig – mit diesem E Scooter können also auch etwas hügelige Strecken gefahren werden.

Was uns ebenfalls positiv auffiel, waren die schön ergonomisch geformten Lenkergriffe. Was uns auch gefallen hat war, dass das Display selbst in praller Sonne noch sehr gut lesbar war.

Akku & Reichweite

Laut Herstellerangaben soll der BMW X2 City eine Reichweite von 25-30 km haben, was ja schon mehr als ordentlich ist. Leider zeigte sich in unserem Praxistest ein Problem: Obwohl das Display in seinem Menü eine Restreichweite von 8 km anzeigte, setzte in unserem Test urplötzlich der Motor aus. Es war jetzt nur noch möglich, ein Tempo von ca. 14 Km/h zu erreichen, indem man dauerhaft, ca. alle 2 Sekunden, das Fußpedal betätigte. Der Motor beschleunigte immer wieder kurz, brach aber sofort wieder ab. Nach einer Strecke von rund 500 m funktionierte auch das nicht mehr – obwohl auf dem Display immer noch eine Restreichweite von 7 km angezeigt wurde! Selbst die LEDs direkt am Akku zeigten noch einen Stand von 2 LEDs an – der Motor hätte also noch ausreichend Saft haben müssen. Das hätten wir so nicht erwartet.

Immerhin: Dank des Getriebenabenmotors konnte man den X2 City mit leerem Akku auch wie einen ganz normalen Tretroller nutzen.

Handling

Selbst mit gefaltetem Lenker ist der BMW X2 City noch relativ groß und unhandlich – da lassen sich die meisten anderen Elektroroller deutlich kompakter zusammenfalten. Hinzu kommt das ziemlich hohe Gewicht von 20 kg, weshalb sich dieser Roller nicht gerade leicht herumtragen lässt. Wir stellen es uns ziemlich umständlich vor, den X2 City mit in enge S-Bahnen oder Busse zu nehmen.

Verarbeitung & Optik

Von der Optik her sieht der X2 City wirklich klasse aus, insbesondere die großen Räder machen wirklich was her. Auch die Verarbeitung wirkt in jeder Hinsicht robust und solide. Offenbar setzten BMW und Kettler bei der Entwicklung dieses Produkts auf durchweg hochwertige Komponenten namhafter Hersteller, z.B. Magura Bremsen, VEE Rubber Reifen, eine hochwertige Lichtanlage etc.

Fazit:

Der BMW X2 City bietet das Prinzip „Tretroller mit Elektroantrieb“ einmal anders – hier wird nicht per Gasgriff beschleunigt, sondern via Fußpedal. Ein ungewöhnliches Konzept für einen Elektroroller – aber warum soll man nicht mal etwas Neues ausprobieren? Unsere Tester hatten sich im Praxiseinsatz jedenfalls schnell an diese Art der Beschleunigung gewöhnt. Es hat Spaß gemacht.

Dennoch konnte uns der X2 City im Test nicht vollständig überzeugen. Da wäre zum einen das hohe Gewicht von 20 kg – da sind die meisten anderen Elektroroller viel leichter. Außerdem ist der Scooter selbst mit eingeklapptem Lenker immer noch relativ groß und deshalb ein wenig unhandlich – als Last-Mile Fahrzeug, dass man auch mal mit in Bus oder Bahn nehmen möchte, können wir diesen Roller deshalb nur bedingt empfehlen. Der X2 City ist sicherlich hier eher als eine Art Fahrradersatz zu sehen.

Was Verarbeitung, Optik und Fahrverhalten angeht, konnte uns der BMW X2 City dagegen durchweg überzeugen – es macht wirklich Spaß, diesen E Scooter zu fahren. Der Antrieb war kraftvoll und man kann den X2 City ganz sicher auch gut für kleinere Ausflüge nutzen, selbst in etwas hügeligem Terrain. Dank der großen Räder machte der Roller auch in Kurven und in Schräglagen noch eine gute Figur. Auch die Ausstattung dieses E Scooters lässt keine Wünsche offen.

Etwas enttäuscht waren wir dagegen erst von der, offenbar fehlerhaften, Restreichweitenanzeige – wie oben erwähnt, ging dem BMW X2 City im Test urplötzlich der Saft aus, obwohl noch eine Restreichweite von 8 km angezeigt wurde. Wie wir später erfuhren: Bei der Restreichweite durchfährt der Roller eine Lernphase und gewöhnt sich an Fahrer und durchschnittliche Strecken. Dazu muss man den Roller mehrmals voll aufladen und komplett leer fahren und am Ende ausschalten (keine Akkuentnahme zwischendurch). Eine streckenbezogene Restreichweite ist sicherlich extrem komplex darzustellen und abhängig von Fahrergewicht, Fahrweise, Streckenprofil und sonstigen Eigenschaften. Das konnten wir dann gut nachvollziehen.

Der BMW X2 City befindet sich sicherlich im oberen Preissegment der neuen Elektrokleinstfahrzeuge Klasse. Vor allem der Fahrkomfort und das Fahrverhalten waren exzellent. Der BMW X2 City hat ganz sicher sehr viele Vorzüge, ob dieses Modell bei einem Preis von fast 2.400 Euro seine Käufer finden wird, wird sich zeigen. Es liegt sicher auch nicht beim BMW X2 City alleine, sondern es hängt vor allem davon ab wie die neue Elektrokleinstfahrzeuge Klasse insgesamt angenommen wird. Wir wünschen uns auf jeden Fall den BMW X2 City oft auf unseren Straßen und Radwegen zu sehen.