Große E Scooter Sharing Studie aus Portland zieht insgesamt positives Fazit

Große E Scooter Sharing Studie aus Portland zieht insgesamt positives Fazit

28. Januar 2019 0 Von EScooterBlog

Das „Portland Bureau of Transportation“, kurz PBOT, führte vom 23. Juli bis zum 30. November 2018 im Rahmen eines Pilotprojektes eine umfangreiche Studie zum Thema E Scooter Sharing durch. Dabei sollte untersucht werden, wie sich die, von den drei großen E Bike Sharing Anbietern Lime, Bird und Skip zur Verfügung gestellten Elektroroller auf den Verkehr in Portland auswirken – hierbei wurde nicht nur der reine Mobilitätsaspekt berücksichtigt, es ging auch um Aspekte wie Sicherheit, Fairness und Klimaschutz. Vor allem sollte in der Studie untersucht werden, ob sich eine so große Anzahl von E Scootern überhaupt in das Portländer Verkehrsnetz integrieren lässt und inwieweit der Verkehrsfluss beeinflusst wird. Die Stadtverwaltung fürchtete, dass eine Flut von E Scootern, die plötzlich auf die Straßen Portlands losgelassen werden, die Straßen regelrecht überschwemmen und letztlich nachteilige Wirkungen auf den Verkehr haben würden. Außerdem gab es bei der Stadt Bedenken, was die rechtswidrige Nutzung von E Scootern auf Gehwegen und in Stadtparks angeht. Es wurde auch untersucht, wie E Scooter in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

Wir haben uns die E Scooter Studie vorgenommen und wesentliche Kernpunkte sorgsam herausgearbeitet und zusammengefasst. Interpretationen und Schlussfolgerungen entstammen hier ausschließlich der Studie, es sind nicht unsere. Sicherlich sind noch viele weitere Aspekte dieser Studie interessant. Diese werden wir in den nächsten Tagen vorstellen.

Das Prinzip E Scooter Sharing

Erste E Scooter Sharing Anbieter kamen in den USA im Jahre 2017 auf den Markt. Das Prinzip ist dasselbe wie beim Bike-Sharing: Zum Mieten eines E Scooters bzw. Elektrorollers müssen Kunden in der Regel eine App downloaden, über die man das Fahrzeug freischalten kann. Am Ende eines Trips sollen die Kunden die Roller in Servicebereichen abstellen. Die E Scooter müssen nirgendwo angeschlossen werden.

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Einen E Scooter per App freischalten

Da es sich bei Portland mit rund 650.000 Einwohnern um die größte Stadt im US Staat Oregon handelt (ca. 150 km südlich von Seattle am Columbia River), kann davon ausgegangen werden, dass die Ergebnisse der Studie auch für andere westliche Großstädte einigermaßen relevant sein dürften. Allerdings muss einschränkend darauf hingewiesen werden, dass Portland, über ein außergewöhnlich gut ausgebautes Radwegenetz verfügt, das man in den meisten anderen us-amerikanischen Städten so nicht finden kann. Positive Grundvoraussetzungen sind in Portland also auf jeden Fall vorhanden – das Radwegenetz soll in Zukunft sogar noch weiter ausgebaut werden. Erwähnt werden muss, dass die E Scooter Sharing Anbieter in Portland verpflichtet wurden, die Höchstgeschwindigkeit der Fahrzeuge auf max. 15 mph zu begrenzen (ca. 24 Km/h).

Hintergrund des Portländer E Scooter Pilotprojekts:

Das Konzept des E Scooter- bzw. Elektroroller-Sharings wurde, wie bereits erwähnt, bereits 2017 in den Vereinigten Staaten eingeführt, und schon ein Jahr später waren E Scooter in 65 amerikanischen Städten im Einsatz. Dies verlief nicht immer reibungslos, die Sharing Anbieter Bird und Lime z.B. nahmen ihre Tätigkeit in 43 Städten ohne jegliche staatliche Genehmigung auf. Einige Städte reagierten darauf mit Unterlassungsverordnungen oder Geldbußen.

E Scooter Fahrzeuge
Unterschiedliche E Scooter Fahrzeuge in Portland im Einsatz

Die Stadt Portland dagegen wählte einen anderen Weg und gründete das E Scooter Pilotprogramm. Mit diesem Projekt setzte sich das PBOT zum Ziel, den Einwohnern einen optimalen Zugang zu dieser neuen Fortbewegungsweise zu garantieren und gleichzeitig sicherzustellen, dass die E Scooter Sharing Anbieter die fundamentalen politischen Werte der Stadt respektieren. Insbesondere sollte beurteilt werden, ob E Scooter wirklich einen wertvollen Beitrag zu den Transportbedürfnissen in Portland leisten können.

Insbesondere ging es auch darum festzustellen, ob die Geschäftspraktiken der E Scooter Sharing Anbieter mit folgenden Zielsetzungen der Stadt Portland in Einklang zu bringen sind:

  • Reduzieren E Scooter tatsächlich die städtische Verkehrsbelastung und stellen sie eine echte Alternative zum privaten PKW dar? Kurz gesagt, hat die Einführung von E Scootern zur Folge, dass weniger Autos auf den Straßen sind?
  • Können sie helfen, Unfälle mit schweren Verletzungen oder gar Todesfolgen auf Portlands Straßen zu reduzieren?
  • Kann die Mobilität in verkehrstechnisch unterversorgten Teilen Portlands durch E Scooter optimiert werden?
  • Werden Luftverschmutzung und Klimabelastung reduziert

E Scooter Studie: Insgesamt positive Ergebnisse

Das Wichtigste vorweg: Die „2018 E Scooter Findings Report“ betitelte Studie, die auf Beobachtungen beim Portländer E Scooter Sharing Projekt vom 23. Juli bis zum 30. November 2018 beruht, kam im Großen und Ganzen zu optimistisch stimmenden Ergebnissen – 62 Prozent der Portländer sehen E Scooter als positiv. Die Akzeptanz und der hohe Nutzungsgrad von E Scootern dürften dafür sorgen, dass der Straßenverkehr mit PKWs deutlich entlastet wird, was letztlich auch der Umwelt zu Gute kommt. Allerdings wurde auch deutlich, dass der Gebrauch von E Scootern z.T. zu Konfliktsituationen mit Fußgängern führte, was zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auf illegale Bürgersteigfahrten zurückzuführen war. Probleme mit falsch abgestellten Scootern hielten sich dagegen in Grenzen. Grundlage der Studie waren rund 700.000 Fahrten auf Sharing E Scootern, die im genannten viermonatigen Zeitraum in Portland gebucht wurden. Zum Einsatz kamen ca. 2.040 E Scooter, die rund 802.000 Meilen zurücklegten. Der Durchschnittswert der Trip-Längen lag bei 1,15 Meilen (in East Portland 1,6 Meilen). Die Studienergebnisse basieren größtenteils auf E Scooter Gebrauchsdaten, Beobachtungen durch Angestellte des PBOT und öffentlichen Meinungsumfragen (es gab sogar ein Online-Beschwerdeformular). Die E Scooter Sharing Anbieter verpflichteten sich, ihre Daten ebenfalls an das PBOT weiterzuleiten – z.B. Infos zu Routenverläufen, Start- und Zielpunkten, Echtzeitverfügbarkeit, Sicherheitsinfos etc. So konnte das PBOT genau nachvollziehen, wie die E Scooter verwendet wurden, was direkte Rückschlüsse auf Fahrverhalten und Streckenlängen zuließ.

E Scooter Nutzung Entwicklung
E Scooter Nutzung Entwicklung vom Start der Studie bis zum Ende: Durchschnittliche Distanz der Fahrten und Gesamtfahrten

Hier die wichtigsten Ergebnisse der Portländer E Scooter Studie 2018 in der Übersicht:

1. Ähnliches Unfallrisiko wie bei anderen Verkehrsmitteln

Das Unfallrisiko scheint bei E Scootern nicht höher zu sein als bei anderen Fahrzeugen. Von insgesamt rund 3220 Verkehrsunfällen im Untersuchungszeitraum, bei denen Menschen in die Notaufnahme eingeliefert werden mussten, waren Roller nur in gerade einmal 5 Prozent aller Unfälle verwickelt – und hier sind sogar nicht-motorisierte Roller mit eingerechnet. Insgesamt waren Scooter in nur 176 Unfälle involviert – die Zahl der Unfälle mit Fahrrädern im gleichen Zeitraum lag sogar doppelt so hoch, nämlich bei 429. Es scheint also kein unverhältnismäßiges Risiko zu geben, was einer Erlaubnis von E Scooter Sharing im Wege stehen könnte.

E Scooter Nutzungszeiten
E Scooter Nutzungszeiten nach Wochentagen: Umso oranger umso mehr Fahrten

Zu Beginn des Pilotprojektes stiegen Unfälle im Zusammenhang mit Rollern zwar von weniger als einem pro Woche auf etwa 10 pro Woche an, und entsprechende Besuche in der Notaufnahme erreichten ihren Höhepunkt Ende August / Anfang September – aber gegen Ende des Pilotprojektes sanken die Unfallzahlen wieder auf ein niedriges Niveau ähnlich dem vor Beginn des Pilotprojektes.

2. Die Mehrheit der Portländer sieht E Scooter positiv

62 Prozent aller Befragten Portländer bewerteten das E Scooter Pilotprojekt nach seiner Beendigung als positiv. Die höchste Unterstützung kam von unter 35jährigen (71 Prozent) sowie von Farbigen (74 Prozent) und von Menschen mit einem Einkommen unter 30.000 Dollar (66 Prozent). Die Tatsache, dass in nur 4 Monaten über 700.000 Fahrten auf E Scootern gemacht und dabei über 800.000 Meilen auf knapp über 2.000 E Scootern zurückgelegt wurden, zeigt das enorme Potential, das in diesen Fahrzeugen steckt. Offenbar haben zehntausende von Portländern und Besuchern diese Fahrzeuge mit Begeisterung genutzt.

E Scooter Keyfeatures
E Scooter Keyfeatures aus der E Scooter Studie

3. Die Mehrheit der Portländer setzte E Scooter zum eigenen Personentransport ein

71 Prozent der befragten Portländer sagten aus, dass sie die E Scooter nur benutzen, um zu einem bestimmten Ziel zu gelangen. Nur 28,6 Prozent gaben an, die Elektroroller für reine Freizeitaktivitäten oder sportliche Zwecke einzusetzen.

4. E Scooter ersetzen umweltschädlichere Transportmittel

34 Prozent aller Portländer und ganze 48 Prozent aller Besucher gaben an, einen E Scooter zu nutzen anstelle von einem Privatwagen, einem Taxi oder Uber.

5. E Scooter Fahrer legen Wert auf eine sichere Verkehrs-Infrastruktur für entsprechende Fahrzeuge

Es ist nicht allzu überraschend, dass Analysen von E Scooter Fahrdaten ergeben haben, dass Fahrer Straßen mit eher wenig (bzw. langsam fließendem) Verkehr und mit Fahrradwegen bevorzugten. Dies wurde auch durch individuelle Befragungen bestätigt.

Allerdings wurde durch Befragung von Fahrern und Passanten auch deutlich, dass es teilweise zu Konflikten mit Fußgängern kam. Viele Portländer berichteten von illegalen Fahrten auf Bürgersteigen und von falsch geparkten E Scootern.

Nutzungskarte
Nutzungskarte Portland (Oregon, USA)

Es zeigte sich, dass die eingesetzten E Bikes mit ihrer Geschwindigkeitsbegrenzung von 15 mph (ca. 24 Km/h) zwar für nicht zu stark befahrene Straßen und Fahrradwege geeignet sind, aber für den Einsatz auf Gehwegen sind sie offenbar deutlich zu schnell. Der Gebrauch von E Scootern auf Gehwegen hatte zur Folge, dass sich manche Fußgänger und erst recht Menschen mit Gehhilfen z.T. unwohl oder gar unsicher fühlten.

Beobachtungen des PBOT Personals zeigten zwar, dass die allermeisten E Scooter völlig korrekt an dafür vorgesehenen Zonen an Bürgersteigen abgestellt wurden, aber eben nicht alle. Falsch geparkte Roller beschränkten oftmals die Zugänglichkeit und stellten außerdem eine Gefahr für Menschen mit Sehbehinderungen dar.

Probleme und Beschwerden nach Art
Probleme und Beschwerden nach Art und Häufigkeit
Anzahl der Beschwerden und Submitter pro Woche
Anzahl der Beschwerden und Eingaben pro Woche

Interessant ist, dass Beobachter feststellten, dass auf Straßen mit niedriger Geschwindigkeit oder auf Straßen mit Spuren für nicht-motorisierte Benutzer weniger E Scooter Fahrer die Bürgersteige benutzten. Dies ist besonders für zukünftigen Straßenausbau von Interesse.

E Scooter Fahrer gaben bei Befragungen an, dass sie am liebsten auf Fahrradwegen fahren, Gehwege dagegen kommen an letzter Stelle.

6. Die illegale Nutzung von E Scootern in Parks sorgt für Probleme

Normale Fahrräder sind in Portlands Parks erlaubt, motorisierte Fahrzeuge allerdings nicht. Trotzdem wurden immer wieder E Scooter auf den Trails der Portländer Parks angetroffen. Als die Fahrer zur Rede gestellt wurden, gaben allerdings 66 Prozent von ihnen an, dass sie von einem Verbot gar nichts gewusst hätten. Es ist somit durchaus vorstellbar, dass sich das Verhalten der Fahrer zum Positiven ändert, wenn das Verbot in der Öffentlichkeit besser kommuniziert wird. Hier ist insbesondere auch das Personal in den Parks gefordert.

E Scooter Pilotstudie
E Scooter Pilotstudie des PBOT, Portland Bureau of Transportation

7. E Scooter Unternehmen haben die Anforderungen der East Portland Flotte nicht in jedem Punkt zufriedenstellend erfüllt

Die E Scooter Studie führt kritisch aus: Das E Scooter Sharing Pilotprogramm offenbarte eine Reihe von Problemen, was soziale Gerechtigkeit angeht. E Scooter Unternehmen haben gerade einmal 43 einkommensschwachen Portländern besonders kostengünstige Tarife eingeräumt. Dies deutet, genauso wie Beobachtungen von Mitarbeitern, darauf hin, dass die E Scooter Sharing Anbieter nur eine geringe Eigenleistung zeigten, was die Anpassung ihrer Geschäftspraktiken in Bezug auf soziale Gerechtigkeit angeht.

8. E Scooter machen aktive Fortbewegung für Menschen attraktiver

42 Prozent der befragten E Scooter Fahrer gaben an, niemals Fahrrad zu fahren.

Eine weitere Studie soll noch mehr Erkenntnisse bringen

Durch die Studie wurde klar, was für ein enormes Potential im E Scooter Sharing liegt. Diese Gefährte stellen offenbar für viele Menschen ein ideales Fortbewegungsmittel für die City dar, ohne dass der Portländer Verkehr zusätzlich belastet würde (ganz im Gegenteil, der Autoverkehr wird sogar entlastet). Es zeigte sich auch, dass E Scooter keineswegs ein besonderes Sicherheitsrisiko darstellen. Andererseits wurde auch klar, wo es noch Probleme in Sachen E Scooter gibt (siehe oben).

Aufgrund der weitgehend positiven Ergebnisse der E Bike Sharing Pilotstudie hat das Portland Bureau of Transportation (PBOT) bereits eine weitere Studie angekündigt, die im Frühling dieses Jahres starten soll – die E Scooter werden also wieder auf Portlands Straßen zurückkehren. Die neue Studie soll sich diesmal nicht nur über 4 Monate, sondern gleich über ein ganzes Jahr hinziehen, damit möglichst umfassende Daten erhoben werden können. Diesmal soll auch besonders untersucht werden, inwieweit E Scooter einen positiven Einfluss haben auf die Schadstoffbelastung der Luft, wobei besonders die Lebensspannen von E Bikes von Interesse sind. Außerdem soll nach innovativen Lösungen gesucht werden, mit denen Konflikte zwischen E Scooter Fahrern und Fußgängern vermieden werden können. Wir sind schon sehr gespannt auf die Ergebnisse dieser Studie, deren Ergebnisse sicherlich zukunftsweisend sein werden.

Portland City
Portland City

Quelle: https://www.portland.gov/transportation/escooterpdx/documents/2018-e-scooter-findings-report