
ADAC E Scooter Test 2019: Qualität hat ihren Preis! Kritik am Test!
Der ADAC hat in einem Test acht aktuelle E Scooter mit Straßenzulassung genau unter die Lupe genommen. Es handelte sich ausschließlich um E Scooter für den Privatgebrauch, die eine große Preisspanne von günstigen 549 Euro bis hin zu 2.399 Euro abdeckten. Dabei zeigte sich, dass die teuersten Elektroroller tatsächlich am besten abgeschnitten haben. Hier wurde wieder einmal klar, dass die alte Binsenweisheit ganz offenbar ihre Berechtigung hat: Qualität hat offensichtlich ihren Preis. Der passende Seitenhieb, gleich vorweg: Warum ist dann der ADAC E Scooter Test kostenlos?
Wir gehen aber Schritt für Schritt vor:
A) Die Prüfkriterien: Was genau wurde getestet?
B) ADAC E Scooter Test 2019 – Ergebnisse
C) Kritik am ADAC E Scooter Test



A) Die Prüfkriterien: Was genau wurde getestet?
Folgende Kriterien wurden in dem ADAC Test untersucht:
Fahreigenschaften & Komfort:
Subjektive Bewertung von Fahrstabilität, Wendigkeit, Verhalten in Kurven. Beim Antrieb schaute man sich Dosierbarkeit, Ansprechverhalten, Beschleunigung und Geräuschentwicklung genauer an. Die Steigfähigkeit wurde an einer 16-prozentigen Steigung gemessen. Wie komfortabel sich die Scooter fahren, wurde auch auf Pflastersteinen und Schwellenüberfahrten getestet. Beim Reichweitentest wurden die Scooter mit voll aufgeladenem Akku auf derselben Strecke dauerhaft mit Höchstgeschwindigkeit gefahren, bis der Akku leer war und die Fahrzeuge stehenblieben.
Handhabung & Verarbeitung
Hier schaute man sich u.a. die Bedienbarkeit des Klappmechanismus und das Volumen in zusammengeklappten Zustand an. Auch die Höhenverstellbarkeit des Lenkers spielte eine Rolle. Die Ablesbarkeit des Displays und der Umfang des Bordcomputers flossen ebenfalls in die Bewertung ein. Sogar die Verständlichkeit der Bedienungsanleitung fand Beachtung.
Ausstattung
In diesem Zusammenhang wurden u.a. das Gewicht der E Scooter und das maximal zulässige Fahrergewicht beurteilt. Ebenfalls bewertet wurde das Trittbrett, z.B. in Hinsicht auf die Griffigkeit. Es spielte auch eine Rolle, ob die Beleuchtung mit externen Batterien oder mittels des E Scooter Akkus mit Energie versorgt wurde. Das Vorhandensein eines Diebstahlschutzes wurde ebenfalls geprüft.
Fahrsicherheit & Haltbarkeit
Subjektive Beurteilung des Bremsverhaltens (Dosierbarkeit und Stabilität beim Bremsvorgang). Ermittlung des Bremswegs aus voller Geschwindigkeit (20 Km/h). Es wurde darüber hinaus subjektiv gecheckt, ob die Roller eventuell scharfe Kanten oder Quetschstellen mit Verletzungsrisiko aufweisen. Darüber hinaus wurden alle E Scooter einer Dauerhaltbarkeitsprüfung unterzogen, die speziell für Elektrokleinstfahrzeuge entwickelt wurde.
Welche Modelle wurden getestet?
Getestet wurden folgende E Scooter, allesamt Modelle mit Straßenzulassung:
Modell | Preis in Euro (UVP) | Zulässiges Fahrergewicht (in kg) | Gewicht des Scooters (in kg) | Benotung |
BMW X2 City | 2399 | 129 | 21,2 | 1,9 |
Egret Ten V4 | 1649 | 100 | 18,7 | 2,0 |
Metz Moover | 1998 | 94 | 16,3 | 2,5 |
IO Hawk Exit-Cross | 1199 | 96 | 24,1 | 2,5 |
Egret Eight V3 | 1249 | 100 | 15,1 | 2,6 |
The Urban #BRLN V3 | 949 | 99 | 15,3 | 2,6 |
IO Hawk Sparrow | 549 | 88 | 12,5 | 3,3 |
Moovi ES 145 StVO | 799 | 119 | 10,9 | 5,0 |
Benotungsschlüssel (laut ADAC):
0,6-1,5: Sehr gut
1.6-2,5: Gut
2,6-3,5: Befriedigend
3,6-4,5: Ausreichend
4,6-5,5: Mangelhaft
B) ADAC E Scooter Test 2019 – Ergebnisse
Hier haben wir die wichtigsten Ergebnisse aus dem großen ADAC E Scooter Vergleichstest 2019 kurz und bündig für euch zusammengefasst:
- Die teuersten E Scooter haben am besten abgeschnitten.
- Wirklich gute E Scooter sind ab einem Preis von ca. 1.000 Euro zu haben.
- Testsieger wurde der mit Abstand teuerste E Scooter, nämlich der BMW X2 City (ein Modell, das übrigens in Zusammenarbeit mit Kettler entwickelt wurde). Er überzeugte mit der besten Verarbeitung und Ausstattung. Auch in den Sicherheitstests schnitt er sehr gut ab. Selbst die Beleuchtung war hervorragend. Die Höchstnote „sehr gut“ wurde nur deshalb nicht vergeben, weil der Roller ein sehr hohes Gewicht (rund 21 kg) und eine gewöhnungsbedürftige Antriebssteuerung via Fußpedal hat.
- Drei weitere E Scooter erhielten ebenfalls die Note „gut“, nämlich der Egret Ten V4, der Metz Moover und der IO Hawk Exit Cross.
- Drei weitere Roller erhielten die Note „befriedigend“: Egret Eight V3, The Urban #BRLN V3 und der IO Hawk Sparrow. Erstaunlich ist, dass auch der mit Abstand preisgünstigste Roller, nämlich der IO Hawk Sparrow (549 Euro UVP) immer noch zu der „befriedigenden“ Gruppe gehört.
- Zum „Preis-Leistungs-Sieger“ wurde der The Urban #BRLN gekürt: Dieses Modell hat einen schön starken Antrieb, aber trotzdem ein geringes Gewicht und ist sogar für einen Preis deutlich unter 1.000 Euro zu haben.
- Am schlechtesten schnitt mit der Gesamtnote „mangelhaft“ der Moovi ab, trotz seines geringen Preises (nur der IO Hawk Sparrow war noch billiger): Im Dauerbelastungstest brach die Vorderfederung. Darüber hinaus wurden beim Moovi die zu kleinen Räder und das instabile Fahrverhalten bemängelt. Zu der schlechten Gesamtbewertung trug auch die schwer dosierbare Vorderradbremse bei, die ein hohes Unfallrisiko birgt. Außerdem versagte der Klappmechanismus beim Überfahren eines abgesenkten Bordsteins. Das unbeabsichtigte Lösen des Klappmechanismus führte sogar zu einem Sturz des Testfahrers.
Fazit: Der ADAC Vergleichstest hat deutlich gemacht, dass man lieber etwas mehr Geld investieren sollte, wenn man bei einem E Scooter Wert legt auf Sicherheit, Fahrkomfort und Ausstattung. Der höhere Preis hat bei wirklich hochwertigen E Scootern ganz offensichtlich seine Berechtigung. Bei verlockenden Billig-Schnäppchen sollte man also in jedem Fall skeptisch sein.
Hier noch ein weiteres interessantes Ergebnis aus dem ADAC E Scooter Vergleichstest:
Modell | Reichweite laut Hersteller (in km) | Gemessene Reichweite im Test (in km) |
BMW X2 City | 30 | 22 |
Egret Ten V4 | 40 | 46 |
Metz Moover | 20 | 22 |
IO Hawk Exit-Cross | 48 | 50 |
Egret Eight V3 | 30 | 25 |
The Urban #BRLN V3 | 20 | 20 |
IO Hawk Sparrow | 28 | 14 |
Moovi ES 145 StVO | 22 | 15 |
Quelle: ADAC
Im Test zeigte sich, dass die Reichweitenangaben der Hersteller z.T. extrem von den Ergebnissen im Praxistest abwichen.
Am besten in Sachen Reichweite schnitten der IO Hawk Exit Cross und der Egret Ten V4 ab – hier lag die (bei beiden Modellen hohe) Reichweite im Test sogar deutlich über den Herstellerangaben. Nur beim The Urban #BRLN V3 waren Reichweite laut Hersteller und gemessene Reichweite im Test wirklich identisch. Der IO Hawk Sparrow dagegen erreichte nur die Hälfte (!) der vom Hersteller angegebenen Reichweite.
Hier ein paar Schlussfolgerungen, die der ADAC aus dem E Scooter Test 2019 gezogen hat:
- Größere Reifen sorgten im Test für eine deutlich höhere Fahrstabilität.
- Man sollte beim Kauf auf möglichst breite Trittbretter achten, da sie den Füßen mehr Platz bieten.
- Hydraulische Bremsen zeigten im Test ein ausgesprochen gutes Bremsverhalten, da sie in der Regel besser dosierbar sind und den Roller schneller und sicherer zum Stehen bringen.
- Der ADAC bemängelte, dass kein einziger der getesteten E Scooter einen Blinker hatte. Ein Richtungswechsel müsste deshalb eigentlich per Hand angezeigt werden, was allerdings schnell zu Stürzen führen kann (eine Richtungsänderung per Fuß anzuzeigen, ist übrigens nicht rechtsgültig). Der ADAC empfahl deshalb, dass die Hersteller ihre E Scooter aus Sicherheitsgründen unbedingt mit Blinkern ausstatten sollten.
- Wichtig ist, das die Käufer auf ein geringes Eigengewicht des Rollers achten.
- Interessenten sollten beim Kauf auch auf einen herausnehmbaren Akku achten – einen entnehmbaren Akku gab es bei allen acht getesteten Modellen allerdings nur beim BMW X2 City.
- Außerdem regt der ADAC an, dass die Hersteller die Scooter mit einer Infoplakette ausstatten sollten, die über das maximal zulässige Fahrergewicht informiert.
- Man sollte beim Kauf unbedingt auf eine ausreichende Reichweite achten – auch wenn sich im Test zeigte, dass die Reichweitenangaben der Hersteller häufig stark von den real erreichbaren Werten abweichen.


C) Kritik am ADAC E Scooter Test
Nun wollen wir den ADAC E Scooter Test an sich betrachten. Den ADAC Test also auf eine etwas andere Ebene stellen. Also: Wie gut ist der Test überhaupt? Welche Schwächen kann man erkennen? Was könnte man besser machen und was ist vielleicht auch gut an dem Test?
Die positive Kritik vorweg: Qualität zahlt sich aus und kostet was. Das ist immerhin vom Grundtenor her ein inhaltlich gutes Fazit des Tests. Das war es dann aber auch schon fast.
Ansonsten bereitet uns der Test viel Stirnrunzeln. Mit E Scootern scheinen sich viele nicht auszukennen. Das ist an sich nicht schlimm, nur sollten sie sich nicht zu Experten aufschwingen. Das gilt nicht nur für diesen E Scooter Test vom ADAC, sondern insgesamt. Nur wenige Prüfinstitute sind in der Lage hier kompetent zu agieren. Wir würden sogar selbst den TÜVs dieser Republik erstmal nicht über den Weg trauen. Selbst diese versuchen sich selbst erst Kompetenz im Bereich der Elektrokleinstfahrzeuge anzueignen, haben sie aber anscheinend (noch) nicht. Wir haben natürlich auch die Weisheit nicht für alle Ewigkeit gepachtet, Kritik auszusprechen, trauen wir uns aber schon zu.
Wir versuchen nun auf die einzelnen Punkte einzugehen:
Einteilung in Gewichtsklassen
Auch wenn hier nur wenige Fahrzeuge getestet werden, eine Einteilung in Gewichtsklassen wäre sehr hilfreich. Zu leicht verwechselt der Kunde Äpfel mit Birnen. Das Fahrzeuggewicht ist eine entscheidende Größe aus zweierlei Hinsicht: Zum Einen hat ein leichter E Scooter, z.B. unter 13 Kilogramm, nunmal einen kleineren Motor, eine geringere Reichweite, andere Bremsen, andere Federung und wahrscheinlich auch kleinere Reifen,… Zum Anderen geht es hier um Mikromobilität, was wiederum aus Sicht der Benutzer in ihrer praktischen Anwendung immer auch eine Gewichtsfrage ist (in den Kofferraum heben, Mitnahme im ÖPNV,…).
Wir würden drei Klassen vorschlagen: Bis 11 Kg, von 11 bis 15 Kilogramm und über 15 Kilogramm. Man könnte auch in zwei Klassen einteilen oder die Grenzen anders ziehen.
Bremstest
Der Bremstest ist zu ungenau. Hier hätte man genauer vorgehen müssen. Wir haben selbst Bremstests im eigenen Test im Herbst 2018 durchgeführt. Wir hatten wenig Mittel und auch unser Testaufbau hätte (bei mehr finanziellen Möglichkeiten) besser sein können. Aber wir heißen auch nicht ADAC oder Stiftung Warentest. Ein kurzes Tutorial im ADAC E Scooter Test hätte auch erklären können, wie man richtig bremst, wie man bremsen lernt und wie eine optimale Vollbremsung aussieht.
Reichweitentest
Der Reichweitentest scheint völlig fehlgeschlagen zu sein. Hier hätte man einen exakten Prüfstand aufbauen können. Zudem fehlt der Hinweis worauf die Herstellerangaben sich beziehen. Das hätte ein kleine Legende bereinigen können. Denn es ist völlig klar, dass Angaben der Hersteller mit denen der Realität nicht übereinstimmen können und auch nicht dürfen.
Angaben zur Reichweite seitens der Hersteller sind immer Idealbedingungen, sonst wären sie nicht vergleichbar: Ein Fahrer, 75 Kg, bei 15 Km/h Geschwindigkeit, ohne Steigungen, ohne Beschleunigungen, ohne Fahrtwind,… Alleine dieser wichtige Hinweis fehlt. Stattdessen wird der Leser etwas ratlos zurückgelassen. Klar, Säulen und Diagramme wirken immer, sollten aber auch belastbar sein.
Zusätzlich wäre ein Praxistest mit unterschiedlichen Fahrergewichten denkbar, um auch die Abhängigkeit von Gesamtgewicht und Reichweite darzustellen. Auch hier wäre ein zusätzlicher Praxistest durchaus sinnig.
Prüfung Betriebsfestigkeit
Die Fahrzeuge wurden keinem Test der Betriebsfestigkeit unterzogen. Auch hier gibt es professionelle Prüfstände. Der Test auf der Rolle ist immerhin eine Versuchsanordnung. Der Bereich Betriebsfestigkeit ist gerade im Automobilbau eine wichtige Größe. Das hätten die Tester vom ADAC wissen und auch handeln müssen.
Auswahl der E Scooter
Die Auswahl der Fahrzeuge deutet auf einen doch schon älteren Test hin. Auch wenn er nicht alt sein mag. Der Ninebot G30D und der SoFlow SO6 fehlen völlig. Diese sind nun schon seit mehreren Wochen auf dem Markt, auch wenn nicht in ausreichenden Mengen und unbedingt nicht immer frei verfügbar. Vor allem der neue Ninebot Max G30D dominiert das derzeitige Geschehen. Das hätte man aber auch schon vor 4 Wochen wissen können.
Wenn wir jetzt zehn Fahrzeuge empfehlen würden:
A) unter 11 Kg
– Moovi: 799,00 Euro inkl. MwSt.
– E Micro M1 Colibri: 899,90 Euro inkl. MwSt.
B) 11 bis 15 Kg
– SXT Light Plus V eKFV Version: 1200,00 Euro inkl. MwSt.
– The Urban #BRLN V3: 949,00 Euro inkl. MwSt.
– Trekstor EG 3178: 599,00 Euro inkl. MwSt.
C) über 15 Kg
– SXT Max: 1140,00 Euro inkl. MwSt.
– Egret Ten V4 inkl. Power Update: 1649,00 Euro inkl. MwSt.
– Ninebot Segway Max G30D: 799,00 Euro inkl. MwSt.
– Metz Moover: 1998,00 Euro inkl. MwSt.
– SoFlow SO6: über Mobilfunkvertrag
In jeder Gewichtsklasse sollten sich mindestens zwei Fahrzeuge befinden, alleine schon wegen der Vergleichbarkeit. Man könnte ohne Probleme noch andere E Scooter hinzunehmen wie etwa den IO HAWK Exit Cross.
Sonderfeatures und Alltagsnutzen
Im Grunde fehlt eine Auflistung der Sonderfeatures oder eine Einzelkritik. Ob ein Wechseln der Akkus möglich ist, welche Bereifung vorliegt,…
Fazit
Auch wenn die Grundaussage des Tests im Groben und Ganzen unsere Erfahrungen bestätigen, so sind doch bei genauerer Betrachtung sehr viele Mängel vorhanden. Auch der ADAC und dessen Prüfer und Tester müssen noch mit dem Thema warm werden. Immerhin ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung getan und es wurde nicht allzu viel Porzellan zerschlagen. Hoffen wir, dass kommende Tests besser sind.

Quelle der Fotos: ADAC/Toby Hümmler; Quelle der Grafiken: ADAC