
Gekaufte E Scooter nachträglich konform der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung bringen ?
Eine Frage taucht immer wieder: Kann ich meinen E Scooter, den ich zuvor gekauft habe konform der Elektrokleinstfahrzeuge Verordnung anmelden ? Es ist die Hoffnung derer, die ein E Scooter besitzen, nach dem Inkrafttreten kein Elektroschrott zu Haue stehen zu haben. Darüber haben wir bereits intensiv berichtet. Die Antwort ist ernüchternd: Nein. Daran hat sich im Grunde nichts geändert.
Wie wir sehen werden, bejaht das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur inzwischen ausdrücklich die Möglichkeit. Die Realität sieht aber eindeutig anders aus. Wir nehmen uns die aktuellen Aussagen vom BMVI vor und bewerten sie:
“Können Fahrzeuge, die bereits zum Kauf angeboten werden, aber nicht die Anforderungen der geplanten Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung erfüllen, nachgerüstet werden?
Quelle: BMVI
Ja. Nach Inkrafttreten der geplanten Verordnung können die Hersteller für Fahrzeuge, die die Anforderungen der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung erfüllen, beim Kraftfahrt-Bundesamt eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) beantragen.
Bereits in den Handel gebrachte Fahrzeuge, die der Verordnung nicht entsprechen, können durch den Hersteller nachgerüstet werden, damit diese den Anforderungen der neuen Verordnung entsprechen.
Fahrzeuge, die der Verordnung entsprechen, aber nicht vom Hersteller mit einer nachträglichen Allgemeinen Betriebserlaubnis versehen werden, können auch vom jeweiligen Besitzer über eine Einzelbetriebserlaubnis in den Verkehr gebracht werden.”
Dieses Statement des BMVI enthält mehrere Fehler, beziehungsweise Feststellungen die komplett an der Realität vorbei gedacht sind.
- Es gibt keine im Verkehr befindlichen E Scooter und Fahrzeuge, die für die Elektrokleinstfahrzeuge Verordnung in Frage kommen (mal die zwei bekannten Sondergenehmigungen ausgenommen, die ja schon eine haben). Zum Einen sind die meisten nicht auf 20 Km/h abgeregelt und/oder erfüllen nicht den Ansprüchen an Bremsen und Bremswirkung und/oder erfüllen nicht die Ansprüche an Beleuchtung. Und noch ein weiteres Glied in der “und/oder” Kette: Sie stimmen nicht mit den Anforderungen der DIN EN 15194 Norm überein. Alle existierenden Fahrzeuge bedürfen also der deutlichen Nachjustierung der Hersteller.
- Entsprechen sie also nicht den Anforderungen, können sie durch den Hersteller nachgerüstet werden. Einmal davon abgesehen, dass viele Hersteller nicht in Deutschland sind und sicherlich lieber neue E Scooter verkaufen wollen als alte nachzurüsten, müßten die Hersteller für jedes Modell einzeln eine nachträgliche Zulassung beantragen. Das kostet viel Geld. Wer soll und will das bezahlen ? Von welchen Auflagen bei welchen Modellen sprechen wir ? Herstellerseitig die Firmware updaten und die Maximalgeschwindigkeit bei 20 Km/h zu setzen sowie den Eingriff per App und Bluetooth Hack zu verhindern (DIN EN 15194 Norm) mag sicherlich noch möglich sein, jedoch die Anforderungen an Bremsen, Bremswirkung, Licht u.s.w. dürften dann ein K.O. Kriterium sein.
- Besitzer von Fahrzeugen, die der Verordnung entsprechen, können eine Einzelerlaubnis erwirken. Das kostet erstmal zusätzlich Geld für die Einzelabnahme. Wie oben gezeigt gibt es keine Fahrzeuge, die sich bereits im Verkehr befinden und der Verordnung annähernd entsprechen. Es wären also Umbaumaßnahmen nötig. Diese kosten ebenfalls Geld. Schauen wir uns die an: Es gibt grob eingeteilt zwei Arten von notwendigen Veränderungen:
A) Die Software / Firmware anpassen: Die Höchstgeschwindigkeit auf 20 Km/h zu begrenzen ginge nur per Update. Wenn man das aber selber kann, kann man es selbst wieder rückgängig machen und entspricht dann nicht der DIN EN 15194 Norm. Also ein weiteres K.O. Kriterium.
B) Hätte man die erste Hürde trotzdem geschafft, müßte man immer noch Bremsen und Bremswirkung sowie Licht (geringstes Problem) und andere Kleinigkeiten anpassen.
Denkbar wäre es noch, dass der Hersteller die Firmware anpasst, dem Besitzer dann wieder das Fahrzeug übergibt (vielleicht passt der Hersteller noch Bremsen u.s.w. an) und der Besitzer dann eine Einzelabnahme anstrebt. Aber auch dieses Szenario läuft spätestens dann ins Leere, wenn man schlussendlich bedenkt wieviel eine Einzelabnahme kosten würde (bis jetzt deutlich im vierstelligen Bereich. Auch gibt es hier überhaupt noch kein praktikables Vorgehen, wie das aussehen könnte. Die Kosten beliefen sich somit auf eine Summe, die den Wert des gekauften E Scooters deutlich übersteigt.
Fazit
Wir wir oben aufgezeigt haben sind alle drei Absätze des BMVI zu dem Thema weitestgehend irreführend bis falsch. Es ist aus Sicht des BMVI verständlich, dass es die theoretische Option für Hersteller und Besitzer ausweist, sie ist aber so realitätsfern, dass man sie als irreführend bis falsch einstufen muss.

Woher kommt die Einschätzung dass die Kosten für eine Einzelabnahme im vierstelligen Bereich liegen werden?
Zum Einen ist eine Einzelabnahme utopisch, da ja die DIN 15194 Norm erfüllt werden muss. Das heißt, wenn man selbst bis 20 Km/h drosseln kann, kann man sie auch wieder aufheben. Das würde dann nicht der DIN 15194 Norm entsprechen. Da aber keine 20 Km/h E Scooter bisher im Handel waren, bzw. wenn überhaupt nur sehr wenige, gibt es auch keine die man einer Einzelabnahme zuführen könnte. In der EKFV wurde die Versuchsanordnung ja veröffentlicht, ein einziges Fahrzeug dadurch zu bringen inkl. unterschiedlicher Einzelgutachten kostet wahrscheinlich so viel.