Interview mit Lars Zemke von Electric Empire

Interview mit Lars Zemke von Electric Empire

12. Februar 2019 0 Von EScooterBlog

Lars Zemke ist einer der Hauptorganisatoren von Electric Empire und Initiatoren der “Demonstration zur Legalisierung aller Elektrokleinstfahrzeuge in Deutschland” vom 13.12.2018. Electric Empire ist eine Interessengruppe, in der sich die Nutzer unterschiedlicher Elektrokleinstfahrzeuge zusammengeschlossen haben, um für deren Legalisierung und Akzeptanz einzutreten.

Lars, bitte stell Dich kurz vor:

“Meine Name ist Lars Zemke und ich arbeite als IT-Consultant. Meine private Leidenschaft für alles was “piept, blinkt und elektrisch betrieben wird” brachte mich 2016 zu meinem ersten Elektroskateboard.”

Was ist ein Elektroskateboard?

“Mein Elektroskateboard ist die Weiterentwicklung des bekannten Longboards, mit zusätzlichem Motor, Batterie und Fernbedienung. Auch die Reifen sind mit 85mm wesentlich größer angesetzt als bei einem Longboard. Achse, Bereifung und eine gute Standfestigkeit bilden die Grundlage für ein sicheres Fahren. Unebenheiten, wie z.B. Kanten/Löcher im Asphalt, können mit diesen Weiterentwicklungen sehr viel besser kompensiert werden. So  erreicht man durch größere Räder und breitere Achsen auch bei höheren Geschwindigkeiten ein viel ruhigeres und sicheres Fahrgefühl.”

Warum fährst Du nicht mit dem Fahrrad?

“Ich fahre gerne Fahrrad. Ich gehe auch zu Fuß oder fahre mit dem Auto, aber als Nutzer eines EKF erweitere ich mein Spektrum an Möglichkeiten, die ich zur Fortbewegung in einer Großstadt nutzen kann. z.B. lässt sich ein EKF in seiner Kompaktheit prima im öffentlichen Nahverkehr mitnehmen und einsetzen. Ein Fahrrad dagegen möchte ich nicht unbedingt morgens in die volle Berliner S-Bahn mitnehmen. Auch die Angst wenn ich mein Fahrrad morgens am Bahnhof anschliesse und es am Abend vielleicht schon gestohlen wurde fällt dann auch weg.”

Kann das jeder fahren?

“Ich würde es anders ausdrücken. Für jeden Nutzer gibt es das passende Fahrzeug. Der Elektrostehroller ist sicherlich das beste “Einsteigermodell” in diese neue Art der Fortbewegung. Das in der Öffentlichkeit bekannteste Gerät dieser Art ist eher das Hoverboard. Zusammen mit den Hovershoes würde ich diese beiden Arten mehr in den Bereich “Spielzeug” einordnen und nicht bei den Vertretern für “die letzte Meile”.”

Sind allgemein EKF schwierig zu fahren bzw. ist das Fahren gefährlich?

“Geräte wie Elektroskateboards und Mono-/One-Wheels erfordern mehr Übung und Sicherheit zum Lenken im Straßenverkehr als ein Elektrostehroller. Allein dadurch wird jeder Nutzer zur eigenen Sicherheit erst auf dem Radweg fahren, anstatt auf der Straße. Das Fahren auf dem Gehweg halten wir z.B. für Kinder mit Hoverboards oder -shoes für realisierbar und würden nur bei den sehr viel schnelleren Geräten das Fahren auf Radweg bzw. Straße empfehlen. Natürlich ist es mir bewusst, dass aktuell der Gehweg in den meisten Großstädten oft sehr eng und knapp bemessen ist. Dies sollte mich z.B. auch als EKF Nutzer in schwierigen Situation (Untergrund/viele Fußgänger) veranlassen, sich mit Augenmaß und Rücksicht fortzubewegen oder sogar abzusteigen, wenn es gar nicht anders geht.”

Wie schnell und welche Reichweite haben EKF?

“Pauschal kann man dies leider nicht beantworten, aber Geschwindigkeiten von 20-25Km/h sind problemlos mit fast allen EKF realisierbar. Meiner Meinung nach liegt bei vielen Herstellern der Fokus mehr auf Reichweite und dem einfachen Transport in Bus/Bahn. Viele Nutzer setzen ihr Fahrzeug für den Arbeitsweg oder den kurzen Weg zum Bäcker/Supermarkt ein. Will ich meinen Elektrostehroller zum Ausflug oder längeren Fahrten einsetzen, dann sollte eher der breit ausgebaute Radweg vor der Stadt ausgesucht werden als mit der Familie durch die meist sehr enge und volle City zu fahren.”

Wo fährst Du damit?

“Aktuell leider nur auf Privatgelände. In einfachen Worten stellt sich die jetzige Situation folgendermaßen dar: Elektrokleinstfahrzeuge gelten als Kraftfahrzeug ohne allgemeine Betriebserlaubnis, da es für diese Fahrzeugart keine klare Einordnung seitens des Kraftfahrtbundesamtes gibt. Die damit gleichzeitig fehlende ABE bildet aber die Grundlage zum Erwerb einer Versicherung/Kennzeichen. d.h. jeder Nutzer eines EKF fährt ohne Pflichtversicherung im Straßenverkehr und begeht deshalb eine Straftat. Natürlich hält diese Situation viele Nutzer nicht davon ab, illegalerweise doch zu fahren. Um hier schnell entgegenzuwirken, muss der Gesetzgeber dringend eine Regelung schaffen plus Möglichkeit, eine Versicherung ähnlich der für ein Mofa, abzuschließen. Ich hoffe, dass die für Frühjahr 2019 angekündigte Verordnung endlich eine für alle Beteiligten akzeptable Basis bietet, um mit diesen Geräten einen ersten Schritt in Richtung Verkehrswende zu schaffen.”

Wie sollte die angekündigte Ausnahmeverordnung aussehen ?

“Angemessen wäre für mich, dass alle aktuell “illegal” genutzten EKF genauso berücksichtigt werden, wie zukünftig die neu auf den Markt kommende Geräte. Das sollte unabhängig von einer Haltestange sein.Fahrzeuge, die so schnell wie Pedelecs fahren, sollten gleiche Rechte erhalten. Die Verordnung sollte sich in den meisten Punkten an den Regeln für Fahrräder orientieren und nicht an den Bestimmungen für KFZ. Eine Betriebserlaubnis beispielsweise stellt oft eine immense Hürde dar. z.B. Jeder bereits verkaufte Roller muss einzeln zugelassen werden. Die Kosten dafür dürften um ein vielfaches den Anschaffungspreis überschreiten. Eine Versicherungspflicht für Geräte mit einer gleichen Geschwindigkeit wie Fahrräder ist auch fragwürdig. Hierbei kommen langfristig hohe Zusatzkosten auf die Fahrer zu. Bei einer Studie der Stadt Portland wurden bei 700.000 Fahrten drei verletzte Fußgänger registriert. Dem steht ein nicht im Verhältnis stehendes Versicherungsvolumen von ca. 40.000€ gegenüber. Eine Verordnung sollte aber selbstverständlich Aspekte wie z.B. Klingel, Beleuchtung und Bremsen an das Fahren beinhalten. Ebenfalls wäre es wünschenswert Geräte über 20 Km/h zuzulassen.”

Anm. d. R.: Eine Zusammenfassung der Portland-Studie

Seit wann gibt es Electric Empire?

“Electric Empire existiert seit Sommer 2018 und ist eine Interessengemeinschaft, in der sich hauptsächlich die Nutzer und auch Hersteller unterschiedlicher Elektrokleinstfahrzeuge zusammengeschlossen haben. Unsere primären Ziele sind die Aufklärung alle Bürger über Elektrokleinstfahrzeuge und deren rechtliche Situation. Zum einen, weil diese Fahrzeuge aktuell in jeglicher Form und ohne verbindliche Regelungen im öffentlichen Straßenverkehr genutzt werden, trotz drohender Strafanzeige (Fahren ohne Versicherungsschutz). Es ist uns ein großes Anliegen, eine sinnvolle Regulierung und eine legale Einstufung aller Elektrokleinstfahrzeuge als weiteren Baustein in der Mobilitätswende zu erreichen. Emissionsfreies und umweltbewusstes Fahren von A nach B.
Wir hoffen, so dem Thema Elektrokleinstfahrzeuge in der Verkehrswende einen neuen Anstoß zu geben, der die gebotene Sicherheit im Straßenverkehr mit den neuen Möglichkeiten der Elektromobilität in Einklang bringt.”

Wer sind die Mitglieder?

“Am breiten Spektrum unserer Besucher des wöchentlichen stattfindenden “AfterWorkRide” auf dem Berliner Flughafen Tempelhof kann man sehr gut erkennen, dass Elektrokleinstfahrzeuge etwas sind was jeder fahren kann und das Alter keine wirklichen Grenzen setzt. Ich würde sogar soweit gehen, dass dies Altersschichten eher zusammenführt als sie trennt. Auch unsere Besuche auf Veranstaltungen wie z.B. Critical Mass oder Skate Night in Berlin zeigen uns immer wieder, dass diese Art von moderner Fortbewegung auf viel Interesse und Neugier stößt. Dies war mit einer der Auslöser warum ich mich mit vielen anderen motivierten Mitstreitern dazu entschieden habe im letzten Dezember 2018 die erste EKF Demonstration in Berlin zu organisieren und den Weg zur Gründung eines Verband zu gehen.”

Ausblick – Was plant ihr als nächstes?

“Wie gesagt planen wir einen Bundesverband der die gemeinsamen rechtlichen, wissenschaftlichen, gewerblichen und wirtschaftlichen Interessen der Nutzer, Anbieter und Hersteller jedweder Elektrokleinstfahrzeuge gegenüber Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit vertritt. Des Weiteren wird es natürlich im Frühjahr 2019 wieder eine Demonstration geben, die wir dann als Einstiegsveranstaltung für den neuen Verband planen und mit einer größeren Anzahl von Teilnehmern und Supportern organisieren möchten.”

Lars, danke für das interessante Gespräch. Wir werden auf der nächsten Demo mit dabei sein. Ein genauer Termin steht noch nicht fest, tragen wir hier aber dann nach. Mehr Infos gibt es auch direkt bei Electric Empire “hier“.